Stellungnahme zum Interview mit der Nobelpreisträgerin Prof. Nüsslein-Volhard
Die Wissenschaft und der Islam haben eine sehr bemerkenswerte Geschichte zusammen. Zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen hatten ihren Ursprung in Köpfen, die Muslime waren. Religion allgemein als rückständig zu betrachten, ist eher eine substanzlose Auffassung, die von einer nicht ausreichenden Auseinandersetzung mir der Thematik spricht. Im Islam ist das Streben nach Wissen eine sehr grundsätzliche Pflicht. Die erste Offenbarung, die der Heilige Prophet Muhammad (saw) bekam, war: „Lies im Namen deines Herren, (…).“ (96:2)
Vielleicht ist es unsere akademische Blindheit und sogar Arroganz, dass wir meinen, dass wir mit unserer Vernunft bereits alles begriffen hätten. Diese akademische Arroganz ist von einer unheimlichen Gefährlichkeit, denn sie hat den Hang dazu, Menschen aufzuteilen und „Schwarz-Weiß-Denken“ zu fördern. Wie kann es sein, dass die Anhänger einer bestimmten Religion, gerade die Frauen, die sich öffentlich dazu bekennen, nicht in der Lage sind, Wissenschaft zu betreiben? Diese Auffassung gründet auf einer sehr diskriminierenden und vielleicht sogar rassistischen Haltung. Intellekt ist unabhängig von unserem Phänotyp, unsere Genetik oder unserer Religionszugehörigkeit! Alle anderen Behauptungen führen zu einer Denkweise, die die Menschheit bisher erwiesenermaßen nicht weitergebracht hat. Es ist eine Denkweise der Exklusion, die es unbeachtet lässt, dass Entwicklung viel auch damit zu tun hat, dass es eine Varianz und Variabilität im Wesen der Sache gibt. Würden wir alle dasselbe denken und tun und gleich aussehen und die gleichen Problemlösungsstrategien haben, so wäre dies sicherlich kein Weg zur weiteren Entwicklung. Es wäre eher ein Zustand der Stagnation. Frau Prof. Nüsslein-Volhard scheint die Ebene des Menschlichen neben ihrer rein „orthodox“ wissenschaftlichen Auffassung zu vernachlässigen. Ein näherer Kontakt mit den Gruppen von Menschen, denen sie eine Unvereinbarkeit mit der Wissenschaft vorwirft, wäre anzuraten. Denn meist lernt man als Mensch so ganz schnell, dass wir Menschen doch alle gleich sind. Wir sind Mensch in erster Linie und haben Gefühle, Intellekt, Spiritualität und unsere Kultur ist nur der ästhetische Aspekt dieses Seins. Die Religion ist die Autobahn zu einer Quelle, die einem Wissen erst ermöglicht. Es ist reines Wissen ohne eine Mischung mit unserem Egoismus, welches uns zu solchen Auffassungen verleiten kann, welches uns dann einen Pfad bestreiten lässt, in welchem wir meinen, erhaben über alles und jeden zu sein. Sind wir denn erhabener als unser Gegenüber?
Meine Herkunft und meine Religion sind meine Stärke. Meine Heimat ist Deutschland. Diese Heimat ist tolerant und sie diskriminiert nicht Menschen, die anders glauben. Alles, was wir den anderen an Rückständigkeit vorwerfen, spiegelt nur unsere Rückständigkeit wieder. Möglich, dass dieser Irrglaube eine reine Projektion ist.
Mein Kopftuch ist meine Stärke. Meine Quelle des Wissens ist Allah und meine große Liebe ist er auch. Es ist eine Qual zu sehen, dass Menschen etwas ablehnen, was ihnen Frieden gibt.