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Medizinische Ahmadiyya Muslim Organisation
„Es geht eher darum, dass es zu mir gehört, dass das meine Identität ist und dass es mir gefällt so.“

„Es geht eher darum, dass es zu mir gehört, dass das meine Identität ist und dass es mir gefällt so.“

Hier folgt Teil 2 des Interviews mit Prof. Nüsslein-Volhard. Lesen Sie Teil 1 hier.

Prof. Nüsslein-Volhard: Ja, dann sind sie in der Wissenschaft eigentlich nicht gut aufgehoben.

Mamo der Frauen: Ok, das heißt, sind Sie denn religiös?

Prof. Nüsslein-Volhard: Nein, das ist nicht kompatibel. Also, man ist in der christlichen, ich bin sicher Christin, ich bin in der christlichen Ethik groß geworden und ich bin da auch insofern dadurch positioniert, aber ich glaube sicher nicht an Gott. Und ich halte das auch inzwischen… Es ist für einen überholt.

Mamo der Frauen: Ok. Interessant.

Prof. Nüsslein-Volhard: Und ich glaube das ist auch komisch. Wo kommen Sie her?  

Mamo der Frauen: Genetisch gesehen aus Pakistan.

Prof. Nüsslein-Volhard: Aber Sie sind weiterhin in Ihrer Kultur aus Pakistan verbunden.

Mamo der Frauen: Ich bin beiden Kulturen verbunden. Ich würde nicht sagen, dass ich dahin oder dahin gehöre.

Prof. Nüsslein-Volhard: Aber Sie sind hier aufgewachsen aber Sie tragen trotzdem Kopftuch.

Mamo der Frauen: Ja, weil ich mich als deutsche islamische Frau sehe.

Prof. Nüsslein-Volhard: Und müssen Sie sich bekennen zum Islam?

Mamo der Frauen: Ich denke, muss gibt es hier in Deutschland zum Glück nicht.

Prof. Nüsslein-Volhard: Nein, Sie müssen von sich aus, meinen Sie, Sie müssen dauernd anderen Leuten signalisieren das Sie Muslimin sind?

Mamo der Frauen: Ne, das hat nichts damit zu tun. Es geht eher darum, dass es zu mir gehört, dass das meine Identität ist und dass es mir gefällt so.

Prof. Nüsslein-Volhard: Und Sie können sich davon nicht lösen?

Mamo der Frauen: Wieso sollte man sich von etwas lösen,  was man selbst ist?

Prof. Nüsslein-Volhard: Weil es eine Demonstration ist für die anderen und deswegen halte ich es für gefährlich. Ich muss ehrlich sagen … 

Mamo der Frauen: Seien Sie ehrlich, darum geht es.

Prof. Nüsslein-Volhard: Ja, ja, also ich muss ehrlich sagen,  ich finde, zu Show tragen von einem Bekenntnis, also demonstrieren wozu man gehört, hat in einer solchen Gesellschaft wie unsere, die sehr offen ist und sehr tolerant und sehr breit gefächert ist und alles Mögliche zulässt, also meiner Ansicht nach nicht geschickt, wenn man dauernd zeigt: Ich bin anders. (…) So als wollten sie sich nicht mischen mit den anderen. Es ist eine kleine Provokation. Ich weiß nicht, ob sie das verstehen,  aber ich muss sagen, ich fühle mich immer wieder rotiert von Leuten die so deutlich ihre religiöse Auffassung demonstrieren und ich würde eigentlich eher raten, das nicht zu tun.

Mamo der Frauen: Ok, Sie finden man kann religiös sein, aber man muss es nicht öffentlich zeigen.

Prof. Nüsslein-Volhard: “Öffentlich zeigen“?  Es geht die anderen gar nichts an und wenn sie Ärztin sind, dann ist es für ihren Beruf wahrscheinlich günstiger,  wenn sie einfach sagen, ich bin Frau Malik und meine Eltern kommen aus Pakistan, aber ich bin hier geboren, fertig aus. Alles andere interessiert die Leute nicht. Also, es ist jetzt meine persönliche Meinung, aber ich würde niemanden einstellen, der offen demonstriert, dass er an Allah glaubt in der Wissenschaft. Würde ich nicht, Ärzte sind ein bisschen anders.

Mamo der Frauen: Aber die können auch gute Ideen haben und intelligent genug sein oder nicht?

Prof. Nüsslein-Volhard: Nein, ich glaube es widerspricht sich (…), das ist nicht kompatibel mit Glauben, aber wenn sie klassische oder orthodoxe Naturwissenschaft machen, dann können sie eigentlich nicht davon ausgehen, dass die Welt vom lieben Gott geschaffen worden ist. Das geht nicht. Also dann müssen sie mindestens an die Evolution glauben und von der Evolution überzeugt sein.

Mamo der Frauen: Was, wenn ich das tue, auch als religiöse Person, an die Evolution glaube?

Prof. Nüsslein-Volhard: Ja, das passt ja nicht. (…) Also, wie gesagt, ich finde die Demonstration der Zugehörigkeit zu einer wie auch immer beschaffenen Sonder-Untergruppe in unsere Gesellschaft nicht gut. (…)

Mamo der Frauen: Stellen Sie sich vor, es kommt eine Forscherin,  eine angehende Forscherin zu ihnen. Sie trägt zwar ein Kopftuch, aber sie ist intelligent, begabt und sie kann das. Würden Sie sie trotzdem nicht einstellen?

Prof. Nüsslein-Volhard: Ich würde ihr sagen, sie solle das Kopftuch ausziehen.(…) Wir haben auch hier im Institut, wir haben eine einzige Kopftuchträgerin und sie ist keine Wissenschaftlerin. Die macht halt Spülküche oder so, dass ist natürlich dann eigentlich ach Gott naja also… Aber ich finde auch, ich muss ehrlich sagen ich finde auch andere Religionen,  die kommen,  also Inder mit Turban,  finde ich auch nicht gut. Also, weil man da immer nicht so richtig weiß, was heißt das jetzt eigentlich, ist er, fühlt er sich als was Besonderes oder warum.

Mamo der Frauen: Finden Sie das nicht diskriminierend oder rassistisch?

Prof. Nüsslein-Volhard: Rassistisch, nein ich finde, wenn man es pauschal sagt. Nein, nein gar nicht. Ich finde es überhaupt nicht rassistisch. Ich bin überhaupt kein Rassist. Gar nicht. (…)

Mamo der Frauen: Interessant ihre Auffassung, da muss ich lange darüber nachdenken. Vielen Dank, dass ich überhaupt kommen durfte und ich hoffe, wenn ich Ihnen irgendwann die Einladung schicke,  dass Sie dann doch Zeit finden und vorbeikommen könnten, würde mich sehr freuen.

 

Das Interview führte Maliha Malik. Hier geht es zu Ihrer Stellungnahme zum Interview.