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Wochenbettpsychose – Ein Bericht über Depressionen und ein Weg daraus (Teil 2)

Wochenbettpsychose – Ein Bericht über Depressionen und ein Weg daraus (Teil 2)

Mittlerweile hat sich die Wochenbettpsychose in eine leichte Depression verwandelt. Die einzigen Spuren, die sie hinterlassen hat, sind eine stark ausgeprägte Antriebsschwäche sowie eine Reizoffenheit, die den Alltag zwar immer noch beeinträchtigen, aber nichts verglichen mit den bisherigen Halluzinationen und der Unzurechnungsfähigkeit darstellen, doch der Weg bis dahin war steinig und schwer, den ich zu lange allein bestritt. Diesen Kampf mit mir und den Umständen möchte ich hier erläutern und andere an meinen Erfahrungen Teil haben lassen.

Direkt nach dem Notfallkaiserschnitt unter Vollnarkose, als ich aufwachte, wurde mein Leben in Form einer Diashow vor meinen Augen eingeblendet. Ich hatte keinerlei Macht über die Bilder in meinem Kopf. Im Krankenhaus fühlte ich mich ständig krank und zerbrechlich, kümmerte mich bis auf das Stillen nicht um mein Kind, überließ es ständig anderen, war desinteressiert an ihr, überfordert von Besuchern, ging einfach nie aus dem Zimmer. Hatte das Gefühl, dass sich plötzlich jeder und alles nur um sie drehte. Nach 4 Tagen raffte ich mich zum ersten Mal auf, um aus dem Bett zu gehen und sie das erste Mal zu wickeln. Ich wurde von einer Krankenschwester gefragt wie meine Tochter hieß. Ich dachte lange darüber nach, doch egal wie lange ich darüber nachdachte – ich wusste es einfach nicht! Schließlich entschuldigte ich mich, mit den Worten, ich hätte Kreislaufprobleme und eilte wieder zurück ins Zimmer. Ich hatte komischer Weise ständig Kreislaufprobleme. Am Entlassungstag erreichten sie den Höhepunkt. Sie wurden so intensiv, dass ich fest davon überzeugt war, zu sterben. Ich legte mich dazu ins Bett. Mein Körper ging in einen Fallzustand, er wurde immer leichter, alles vor mir wurde schwarz, ich schloss meine Augen, um dem Tod ins Auge zu blicken, meine Seele schien mich zu verlassen. Verkabelt an einigen Geräten, umgarnt von unzähligen Ärzten verabschiedete ich mich mit den Worten „Auf Wiedersehen!“ von meinem Mann.

Das waren der Anfang meiner Reizoffenheit, ausgeprägten Konzentrationsschwäche, Antriebsschwäche, Panikattacken sowie Halluzination. Zudem litt ich an Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit, die ich selbst nicht deuten konnte, doch die Schwestern hatten mein seltsames Verhalten erkannt und gedeutet, dass mental mit mir etwas nicht stimmte. Meine sehr kompetente und fürsorgliche Stationsärztin wollte mich daher nicht entlassen. Sie schickte mir eine Seelsorgerin sowie eine Dame aus dem Sozialdienst aufs Zimmer, damit sie mich unter die Lupe nahmen, doch ich verstellte mich vor ihnen, redete absichtlich kaum, da ich unbedingt nach Hause wollte. Ich glaubte, dass alles in meiner gewohnten Umgebung besser würde, doch nichts war so wie früher. Ich, die noch nie zuvor ein grobes Wort gegenüber meinen Eltern gesagt hatte, fuhr zuerst meine Mutter auf meiner Babyempfangsfeier vor allen sehr laut an, nahm schließlich meinen Vater ins andere Zimmer und packte ihn an den Kragen und drohte ihm „Glaubst du etwa ich sei verrückt! Besorg mir sofort ein homöopathisches Mittel, bevor irgendjemand etwas bemerkt!“

Diese akute Wochenbettpsychose hielt ca. 40 Tage an. Ich blieb solange bei meiner Familie, nahm das homeöopathische Mittel Sephia, das die Halluzinationszeiten etwas mäßigte, aber manche Dinge änderten sich auch dadurch nicht. Ich verlernte sogar das Sprechen. Ich schrieb einzelne Wörter auf Papierfetzen auf, da sie im nächsten Augenblick wieder aus meinem Gedächtnis gelöscht wurden. „Ich bekomme Gänsehaut,“ sagte meine Hebamme. „Ich weiß nicht, woher du dir diese Willenskraft nimmst!“ Von Gott – Er gab mir so eine starke Willenskraft, egal was passierte, ich wollte alles geben. Ich hatte nicht so viele Jahre auf mein Kind gewartet, um es jetzt aufzugeben.

Wenn ihr die oben genannten Symptome verspürt, vertraut euch eurem Hausarzt oder Ärzten im Krankenhaus an. Holt euch Rat – Es gibt Ahmadi-Psychologen sowie Psychiater auf Jalsa und Ijtema. Auch ich habe dies gemacht. Da ich während der akuten Wochenbettpschychose keine psychatrische Hilfe in Anspruch nahm, waren die Halluzinationen zwar weg, aber die Sensibilität für weitere Schübe durchaus gegeben. Als ich 3 Monate danach wieder seelischen Stress hatte, kam alles bis auf die Halluzinationen wieder, doch niemand nahm mich mehr ernst. Alle sagten, dass ich endlich darüber hinwegsehen solle. Wie sollte ich das machen, wenn ich mein Kind überhaupt nicht lieben konnte, vor allem und vor jedem fürchterliche Angst hatte, jeden Tag grundlos weinte und mich nichts glücklich machte.

Ich kämpfte ein Jahr lang mit mir bis es dann wieder viel zu spät war und ich es einfach nicht mehr ertrug, fürchtete ständig, dass man mir einen Strick daraus drehen könnte, also vertraute ich mich niemandem wirklich an. Zudem hatte ich ein völlig falsches Bild von einer psychiatrischen Klinik, wo man durch starke Medikamente lahmgelegt wird, Elektroschocks angewendet werden, man eingesperrt wird und von seinem Kind getrennt wird. Das Allerschlimmste war, dass mir niemand sagen konnte wo ich meinen Bedürfnissen entsprechend hingehen könnte. In dieser schwierigen Zeit las ich ständig heimlich im Internet, suchte in Videos nach Selbsthilfe, versuchte mich selbst zu heilen, verheimlichte es vor meinen Schwiegereltern, rief ständig bei meinem Frauenarzt an, dessen Assistentinnen mich abwimmelten, sie seien nicht dafür zuständig. Ich verstand die Welt nicht mehr, bis ich mich an die Nummer des Sozialdienstes im Krankenhaus erinnerte. Zum Glück halfen sie mir und gaben mir die Nummer einer Selbsthilfegruppe namens „Blues Sisters“, die aus Frauen besteht, die sich mit psychischen Krankheiten rund um die Geburt beschäftigen. Erst die Leiterin ließ mich in Ruhe alles erzählen. Sie merkte sofort, dass die Krankheit bei mir schon sehr fortgeschritten war und nannte mir alle Optionen in der Umgebung. Sie bot mir sogar an, aufgrund des akuten Zustands, die Ärzte für mich anzurufen.

Zum Glück ging ich dann 3 Monate in eine ambulante Mutter-Kind-Tagesklinik, die mir nicht nur psychiatrische und psychologische Hilfe anbot, sondern auch meine Mutter-Kind-Bindung stärkte, mich mit Gottes Hilfe wieder zurück ins Leben holte. Heute nach fast 3 Jahren nehme ich noch Citalopram und Risperidon, begleitend noch die homöopathischen Mittel Lachsis und Platinum Metallicum. Habe anfangs durch Vorurteile Psychopharmaka verteufelt, doch diese waren mit Gottes Hilfe das einzige, die mich da raus holten. Homöopathie ist zwar gut, habe aber die Erfahrung gemacht, dass es im akuten Zustand viel zu langsam ihre Wirkung entfaltet, sodass man bis dahin völlig verrückt wird. Daher ist Homöopathie begleitend zwar gut, aber man kann sich nicht allein darauf verlassen. Bin dort zudem immer noch in der Ergotherapie, gehe meiner dort entdeckten künstlerischen Ader nach und mache eine Ambulante Verhaltenstherapie, wo ich Dinge wie Akzeptanz und mir ein stärkeres Selbstbewusstsein angeeignet habe. Ich habe mittlerweile endlich wieder Hobbys und bilde mich bezüglich Problembewältigung und Selbstbewusstsein weiter.